Lagerleben
in und um die Dilsberger Burg

Mittelalterliches Gauklerlager
begeisterte große und kleine Abenteurer

21. August 2008

 

Knisternde Holzscheite, fröhliches Gelächter und köstliche Gerüche waren beim Betreten der Burg Dilsberg wahrzunehmen. Lagerleben in einer echten Burg, eine Erfahrung die große und kleine Abenteurer faszinierte und begeisterte. Die Vision der Ergotherapeutin und Erlebnispädagogin Jutta Münch von einem Zeltlager in der Burg stieß beim neuen Burgpächter Andreas Weber auf offene Ohren und so gelang es kurzfristig bereits im Jubiläumsjahr der Burg, ein mittelalterliches Gauklerlager als Ferienprogramm anzubieten.
 

Im August konnten interessierte Kinder zwei Wochen lang das einfache Leben unserer Vorfahren ausprobieren und dabei sich selbst und die Natur entdecken. Langeweile war ein Fremdwort und wer den jungen Abenteurern zuschaute, wurde von ihrer Begeisterung infiziert und hätte am liebsten selbst am Lagerleben teilgenommen.
 

Abseits vom Trubel unserer Zeit gewannen 17 Kinder zwischen 5 und 13 Jahren an Erfahrung und Selbstständigkeit, kochten, spielten und lebten miteinander. Manch einer der zu Beginn eher skeptisch an dem Workshop teilnahm, wollte am Ende gar nicht mehr nach Hause. Das Sozialverhalten innerhalb der gemischten Gruppe war bemerkenswert, die Älteren halfen den Jüngeren und kleinere Meinungsverschiedenheiten diskutierte man sachlich untereinander aus.
 

Jutta Münch die in Schwarzach an der Sonderschule unterrichtet, startete gemeinsam mit ihrem Kollegen Ralf, ihrem Lebensgefährten und einer Mutter einen Versuch, setzte ihre Vision um und wurde mit strahlenden Kinderaugen belohnt. Hier stand kein produktorientiertes Handeln im Vordergrund, sondern das Ausleben eigener Fantasie.
 

Neben einer reichhaltigen Auswahl an Materialien, wie Leder, Schnüre, Stoffe, stellten die „Großen“ lediglich ein paar Ideen vor und daraus entwickelte sich eine Eigeninitiative der Teilnehmer, gepaart von einer unglaublichen Fantasie sowie Kreativität und einem enormen Wissensdrang.
 

So entstanden beispielsweise Pfeil und Bogen aus Haselnussholz, Lederbänder, Arm- und Halsketten. Die selbstgebastelten Bogen hatten eine bessere Spannkraft als gekaufte. Bei der praktischen Anwendung zeigte sich schnell, dass die Bogensehne beim Loslassen an den Unterarm knallte und kurzerhand wurde zum Schutz ein Lederband gebastelt, das selbst zum Schlafen nicht weg kam, weil es so cool aussah.
 

Stoffe wurden mit Brombeeren, Ginster und Walnuss unter Zugabe von Alaun - ein Aluminiumsulfat das man seit der Antike zum Gerben, Färben und Beizen verwendet - gefärbt. Aus den kontrastreichen und farbintensiven Stoffen von brombeerfarben bis olivgrün, wurde ein Banner entworfen, den ein selbst entworfener Ziegenkopf, eine Lederpatchworkarbeit hergestellt auf einer alten Tretnähmaschine, krönte.
 

Einen „Arbeitstag“ investierten die Kinder in die Fertigstellung eines brauchbaren Holzschwerts. Geduldig wurde der Rohling geschliffen bis er die perfekte Form hatte und einsatzfähig war. Beim anschließenden Schwertkampf ging es hart aber fair zur Sache.
 

Ein weiterer Höhepunkt waren die Schmiedearbeiten mit Andreas Kaltenstadler aus Michelbach/Aglasterhausen, mit dem man gemeinsam Speerspitzen, Messer und Löffel anfertigte. Selbst die jüngsten Teilnehmer getrauten sich mit dem Hammer auf den Amboss zu hauen. Die frisch geschmiedeten Messer waren voll funktionsfähig und kamen auf vielfältige Weise zum Einsatz.
 

Die Beschäftigung mit der Natur zog sich wie ein roter Faden durch das Projekt, so lernten die Kinder nebenbei die verschiedenen Baumarten zu unterscheiden, welches Holz besser zum Schnitzen und zur Verarbeitung geeignet ist sowie das Zusammenleben mit Tieren, denn zum Lagerleben gehörten auch sechs Walliser Schwarzhalsziegen und zwei Hündinnen „Lady“ und „Lucy“.
 

Am Anfang war es ungewohnt im Jurtezelt umgeben von den schwarz-weiß langhaarigen Vierbeinern zu schlafen, doch schnell gewöhnte man sich aneinander und die Ziegen gehörten zur „Familie“, streichelte, pflegte und melkte sie. Ziege „Mc Kay“ wurde besonders umhegt, denn nach einem Pferdetritt ist sie vorübergehend gelähmt und Bedarf spezieller Betreuung. Die Prognose für ihre Rekonvaleszenz klingt erfreulicherweise positiv.
 

Bei einer Führung durch die Burganlage wusste Karin Erles viel Wissenswertes über das Leben in der damaligen Zeit zu berichten und sie freute sich über ihre aufmerksamen Zuhörer. Nach einem langen Tag an frischer Luft, mit Streifzügen durch die Wälder rund um die Burg da meldete sich der Hunger. Doch im Mittelalter gab es keinen Herd mit Knopf zum einschalten, da musste erst mal Brennholz auf die Feuerstelle, das Feuer entfacht und der Kessel gerichtet werden. Wehe, es war nicht genügend Feuerholz vorrätig, da hieß es mit knurrendem Magen erst mal welches sammeln gehen.
 

Rasch legten sich anfängliche Abneigungen gegen manche Gerichte, denn nach einem anstrengenden Tagewerk mundete die gemeinsame Mahlzeit vorzüglich und Nudeleintopf, Kartoffel mit Quark oder Schupfnudeln waren heiß begehrt. Doch selbst auf diesem Gebiet waren teilweise Improvisationskünste gefragt.
 

„Es ist gut, weil man Sachen machen muss, die man zu Hause nicht machen muss!“ so fasste Silas das Projekt zusammen, bei dem die Teilnehmer ihre Scheu schnell ablegten, Ängste überwanden und alles Neue mutig ausprobierten. „Selbst Erwachsene haben viel mitgenommen!“ ergänzte eine begeisterte Mutter.
 

Die Lebensphilosophie von Jutta Münch: „Ich arbeite gern und was ich nicht gern mache, lasse ich sein!“ spürte man, sie ist mit Herz und Verstand dabei, arbeitet authentisch, der Funken springt über und nicht nur vom Feuer auf das Holz, sondern vor allem auf die Teilnehmer.
 

boe/bz
Ein herzliches Dankeschön für die zur Verfügung gestellten Fotos an Annette, Jutta und Andreas.